Merz hört mit – Äpfel und Birnen – Ein Vergleich

Gießen/ Fulda. An alle, die sagen, man könne (und dürfe) Äpfel nicht mit Birnen vergleichen! Ein für allemal: Kann (und darf) man doch! Hier der Beweis: Äpfel und Birnen gehören zu dem, was man umgangssprachlich Obst nennt. Beide wachsen auf Bäumen. Beide haben eine Schale, die meist vor dem Verzehr durch Schälen entfernt wird. Man kann beide zu Obstsalat verarbeiten. Aus dem Apfel kann man auch Ebbelwoi machen und Apfelessig, was manche für dasselbe halten. Dergleichen hat man von der Birne noch nicht gehört. Es gibt Bratäpfel, aber keine Bratbirnen, dafür aber Glühbirnen und keine Glühäpfel.

Der Apfel ist von rundlicher Gestalt, von grüner bis knallroter Farbe, hört auf den Namen Boskop und fällt nicht weit vom Stamm. Die Birne ist birnenförmiger Gestalt und hört deshalb auf den Namen Kohl, der noch nie vom Stamm oder überhaupt vom Baum gefallen ist. Einer anderen Theorie zufolge hört übrigens Kohl auf den Namen Birne, weil er von birnenförmiger Gestalt ist, doch gilt das als abwegig. Manchmal heißt die Birne auch Helene.

Der Apfel kommt schon in der Bibel vor, nicht so die Birne, was im Grunde deshalb seltsam ist, weil es zwar eine fromme Helene, nicht aber einen frommen Boskop gibt. Es gibt einen Apfelbaum, nicht aber einen Birnbaum der Erkenntnis. Ob und ggf. wie letzteres mit dem Erscheinungsbild der Birne und ihrem daraus resultierenden Namen Kohl zusammenhängt, das herauszufinden bleibt weitergehenden Forschungen zur Birnen-Mythologie überlassen, ebenso wie die Frage, ob Luther ggf. auch ein Birnbäumchen gepflanzt hätte, wenn – von ihm aus gesehen – morgen die Welt untergegangen wäre, einer abschließenden Klärung (samt einschlägigem Buch) durch Frau Kässmann harrt.

Auch im Märchen ist der Apfel weit verbreitet, während man noch nie gehört hat, dass Schneewittchen sich an einer Birne verschluckt hätte. Der Apfel ist also ein gefährliches Obst, was auch aus der Tatsache erhellt, dass es zwar einen Zankapfel, nicht jedoch eine Zankbirne gibt, weil Paris eben der Aphrodite einen goldenen Apfel, nicht jedoch der Helene, geschweige denn dem Kohl, eine Goldbirne gab, und daraus, dass Herkules elfte Aufgabe der Raub der Äpfel – und eben nicht der Birnen – der Hesperiden war.

Andererseits sind Birne und Birnbaum im Werk von Theodor Fontane verewigt, denn aus dem Grab des Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland wächst aus der ihm dorthin mitgegebenen Birne eben, genau: ein Birnbaum, der jedoch nicht mit dem Birnbaum aus der Novelle „Unterm Birnbaum“ zu verwechseln ist. Insgesamt sind Apfel und Birne, mit Fontane gesprochen, ein zu weites Feld!

Ein weites Feld sind übrigens auch Hitlervergleiche. Geht aber auch, wie schon Kurt Tucholsky wusste. Und das nächste Mal erkläre ich Euch, wie man Nazis mit Nazis vergleicht. Ist gar nicht so schwer. +++ (gerhard merz)